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Slow Foxtrot


4/4-Takt, ca. 30 Takte/Minute


Beim Slow Foxtrot (andere Namen: langsamer Foxtrott, Slowfox oder ganz einfach Foxtrot) kommt, wie bei keinem anderen Tanz, das britische Understatement zum Tragen. Da wird geredet von "Kiss the floor" (beide Füsse müssen, wie auch in den anderen Schwungtänzen, mit wenigen Ausnahmen stets Bodenkontakt haben und das Parkett mit wenig Druck "streicheln"), von "Rolls-Royce-Aktion" (die den Tanz für Aussenstehende fast langweilig erscheinen lassen), von Weichheit, Gelassenheit, Ruhe, Non-Chalence, alles u.a. englische Merkmale. Die Engländer tanzen denn auch den klassischsten, für die Kenner schönsten Slow Foxtrot, der meist aus Grundschritten besteht und bei dem der künstlerische Aspekt gegenüber dem sportlichen bei weitem überwiegt. Weil der Slow Foxtrot den Engländern relativ leicht fällt und sie für die anderen Tänze, insbesondere den langsamen Walzer, mehr Zeit aufwenden, hat sich international das Klischee verbreitet, dass der langsame Walzer der schwierigste Tanz aller Standardtänze sei. Tatsache ist jedoch, dass für die Nicht-Briten der Slow Foxtrot sehr nahrhaft und lernaufwendig ist, sich mit der Zeit jedoch wie die Rumba bei den lateinamerikanischen Tänzen als Lieblingstanz herauskristallisieren kann. Trotzdem wird selbstverständlich ein grosser Teil des Turniertanztrainings für den langsamen Walzer aufgewendet, können doch die meisten Grundaktionen von diesem Tanz auf die anderen Schwungtänze und z.T. sogar auf den Tango übertragen werden.


I. Geschichte

Kein anderer kann die Entstehung des Slow Foxtrot besser beschreiben als Heinz Pollack, der als Zeitzeuge 1922 folgendes über den Slow Foxtrot schrieb:

"Raffiniertes Ragout: Fox-trot hat - so merkwürdig das klingen mag - keinen eigenen Rhythmus. Fox-trot-Musik war ursprünglich nichts weiter als ein etwas langsamer gespielter Rag-time. Die Synkope feierte Orgien. Doch plötzlich waren Synkopen, Triolen und Läufe verschwunden, und auf der Bildfläche erschienen sanfte, ruhige, schwermütige, exotisch-eintönige Weisen, die grenzenloses Staunen hervorriefen. Diese Metamorphose war verblüffend. Was war geschehen? Dieses: Des einfachen Rag-time-Rhythmus müde, kochte man aus One-step-, Boston- und Tango-Abfällen, vermischt mit Rag-time-Zutaten, ein äusserst raffiniertes Ragout. Obgleich nur aus alten Mitteln hergestellt, gewürzt, gewendet und geschickt verarbeitet, mundete es sehr schnell selbst dem verwöhntesten Gaumen. Jetzt haben wir diese neuen Fox-trot-Noten, die durch die Verbindung aller Stilarten etwas verschwommene Konturen haben. Dass die neuere Fox-trot-Musik so überaus melodisch ist, liegt sicherlich an diesem fast lässigen Rhythmus, der der ungehemmten Entfaltung der Melodie alle Wege ebnet. Ob sich sein verwässerter Rhythmus auf die Dauer halten wird, ist schwer vorauszusagen. Da jedoch die Musik so überaus reizvoll ist und in stetem Wechsel immer neue Nuancen und Variationen entstehen lässt, besteht wohl vorläufig keine Gefahr, dass sie verschwindet."

Und Reinhold Sommer schrieb in seiner "Theorie der Gesellschaftstänze" 1924:

"Der neue 'Double Fox': Neu? Nein, absolut nicht. Aber sehr schön. Langsames Tempo, doppelt so langsam wie beim einfachen Foxtrot. Daher der Name 'Double'-Fox. Der Tanz selbst ist ein Gemisch von einfachem Gehen vorwärts, durch Pausen häufig unterbrochen, in denen der rechte oder linke Fuss gleichsam 'fühlend' zwei oder dreimal vorgesetzt wird, um mit Übernahme der Körperlast die weitere Vorwärtsbewegung einzuleiten. Ein paar kleine Laufschritte bringen in den ruhigen, rhythmischen Gang zuweilen eine lebhaftere Note. Seitliche Schritte mit Anschlagen, ähnlich den oben beschriebenen, sind auch da, einfaches Wenden in Linksdrehung und Weitergehen in der Tanzbahn rückwärts bieten gleichfalls angenehme Abwechslung. Wie denn überhaupt vorläufig jeder macht was er will. Es ist nichts Feststehendes was ich beschreibe, es ist ein Suchen, ein Tasten, ein intensives Arbeiten an neuen tänzerischen Ausdrucksformen. Schwer ist dieser Tanz. Er erfordert neben absoluter Beherrschung des Körpers eine tadellose Haltung und muss mit Grazie und einer besonderen Hingebung an die musikalische Idee ausgeführt werden. Er erfordert innere und äussere Beherrschung in hohem Masse, drum sei er uns als Bildungsmittel willkommen."

Alle Quellen sind sich darin einig, dass sich der Slow Foxtrot aus dem Ragtime und amerikanischer Marschmusik entwickelte. Das oben erwähnte "nichts Feststehende" wurde von den Engländern, wie bei den anderen Tänzen auch, schnell geändert, und 1915 fand trotz Krieg in London der erste reine Foxtrot-Ball statt (erstes Turnier 1920).

Aufgrund der Schwierigkeit und der Bewegungsintensität des Slow Foxtrot wird dieser Tanz in den meisten Tanzschulen, wenn überhaupt, erst sehr spät unterrichtet, was dem späteren Niveau auf Turnierstufe auch nicht unbedingt förderlich ist.



II.Tipps

- Grundschritte üben, üben, üben

- Mit einem oder zwei Einleitungsschritten beginnen

- Die erste Figur mit dem Melodieanfang tanzen

- Alle Schritte in den Grundfiguren ungefähr gleich gross tanzen

- Die Arme mit beiden Ellbogen auf gleicher Höhe halten, stabil aber nicht verkrampft

- Die Kopfstellung ausser in Promenaden nicht verändern

- Gute Fussarbeit zeigen (deutliche Absatzschritte, Fersendrehungen etc.)

- Die Damen müssen bei allen Rückwärtsschritten den unbelasteten Fuss ohne Druck über den Absatz ziehen

- Der letztgenannte Punkt sollte eine Folge des flacheren Tanzens sein (weniger erheben)

- Alle Quick-Schritte sollten ungefähr auf gleicher Höhe getanzt werden

- Beide Füsse haben immer Bodenkontakt

- Die Slow-Schritte, wenn irgend möglich, am Taktanfang und nicht in der Mitte tanzen, bzw. nur Figuren tanzen, die über jeweils vollständige Takte gehen

- Körper muss immer in Bewegung sein, fliessender, gleitender Bewegungsablauf, Rolls-Royce-Aktion

- Nur fliessende Posen tanzen

Sich immer wieder bewusst machen:

- Ursache für schlechtes Gefühl immer zuerst bei sich selber suchen

- Gemeinsam versuchen, ein Problem über die Grundprinzipien zu lösen

- Nicht zu lange an einer Stelle hängen bleiben, sondern im nächsten Training nochmals probieren, wenn es dann immer noch nicht geht, Trainer fragen

- Motivierende Worte während eines Turniers, Analyse nach dem Turnier, das ist die richtige Reihenfolge

- Nicht vergessen: Fehler werden nie absichtlich begangen, und niemand ist unfehlbar.

Michael Scherer



Musikbeispiel

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