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Der Rumbakrieg



Der achtjährige „Rumbakrieg“ von 1956 – 1963 sorgte in England wie auch „auf dem Kontinent“ für allerhand Diskussionen. Er ist im Grunde genommen noch nicht ganz beendet. Der Ursprung der Rumba ist nicht bis in jedes Detail bekannt, die Quellen erzählen Unterschiedliches. Die einen siedeln den Ursprung des Werbetanzes ins 3. Jahrhundert vor Christus an, wo man ihn paarweise mit Kastagnettenbegleitung tanzte, auch findet man Parallelen wie Rumba-Rhythmus-ägyptischer Bauchtanz und Rumba-Rhythmen aus Spanien. Wieder andere verfolgen den Tanz ins 16. Jahrhundert zurück, in dem schwarze, aus Afrika importierte Sklaven, sinnliche “Sex-Pantomimen“ mit auffälligen Hüftbewegungen zu extrem schneller Musik tanzten.

Forscht man im Internet, und auch in den Bibliotheken, so erfährt man, dass viele Rumbaliebhaber das Thema ausgeleuchtet haben. Sicher ist, dass „unsere“ Rumba ein erotischer Werbetanz aus Kuba ist, welcher aus afrokubanischen Wurzeln wie Chica und Yuca stammt und später zur Sammelbezeichnung ähnlicher Rhythmen wie z.B. Son, Bolero, Guaracha, Guagira, Naningo, Mambo, Beguine und Habanera wurde.

„Die Gewandtheit der Tänzerin besteht darin, die Hüften wollüstig zu bewegen, während sie den übrigen Körper beinahe still hält und nur dann seine Ruhe unterbricht, um zum Schlag der Trommeln einzelne Schritte zu machen und die gebogenen Arme leicht erzittern zu lassen", oder: „Die Rumba ist das Gedicht der körperlichen Liebe, die Eroberung des Weibchens, eine rohe, rasche Eroberung ohne höfliche Verbeugung und müßige Umschweife".

Diese Zitate von Femando Ortiz, einem kubanischen Autor, der schon mehrere Bücher über kubanische Tanz- und Rhythmusentwicklungen verfasst hat, charakterisieren deutlich die Stellung der Rumba: Sie ist ein erotischer Werbetanz.



Spezielles Interesse an der Latin-Musik begann etwa um 1930 herum, als in Los Angeles Xavier Cugat den Coconut Grove in Los Angeles eröffnete. Sein Orchester war auf lateinamerikanische Rhythmen spezialisiert. In frühen Ton-Filmen traten sie in Erscheinung, beispielsweise in „In Gay Madrid“. Einige Jahre später spielte er im Waldorf Astoria Hotel in New York, und Ende der 30er Jahre gehörten er und sein Latin-Orchester zu dem Besten, was es damals gab.

Das Wort Rumba bedeutete ursprünglich soviel wie Fest oder Tanz, Tanzkapellen wurden mit dem Namen "rumboso orquestra" bezeichnet.

Der erste Rumba Schlager erschien 1930 (The Peanut Vendor).

Die Berliner Tanzlehrerin Lucy Antoine veröffentlichte in der Fachzeitschrift „Der Tanz" im September 1931 die erste Rumba-Choreographie. Schon damals waren die Schritte der heutigen Square-Rumba deutlich zu erkennen.

Im gleichen Monat erschien ein Klavierauszug einer Rumba mit dem Titel "Ruth, tanz heut mit mir kubanisch" von Will Meisel als Klavierauszug zusammen mit einer choreografischen Bildserie zum Tanz von Walter Carlos.

Im Januar des Jahres 1932 erschien eine weitere Choreografie von R. Sommer und ein Aufsatz in der Zeitschrift "Der Tanz".

1932 zeigte das Ehepaar Chapouls die Rumba im „Cafe de Paris“ in London und im Jahr 1933 spielte Don Azpiazu und seine Band die Rumba in London.

Als sechster Standardtanz wurde die Rumba in das Turnierprogramm aufgenommen, 1934 aber wieder verdrängt.

1935 spielten George Raft als Tänzer und Carol Lombard als seine Partnerin in einer Hollywoodproduktion namens "Rumba".

Im Jahre 1936 formulierte die Imperial Society in England Standardschritte für die Rumba. Während alle Welt nun Rumba tanzte, verbot sie Hitler in Deutschland.

Von den USA war die Square-/Carré-Rumba oder Rumba-Bolero (1. Schritt vorwärts) nach Europa gekommen und vom französischen Tanzlehrer und Experten Lucien David in Lyon standardisiert worden.

Die Musik und der Rhythmus sind für beide Tanzformen gleich. Das Tempo von früher 36 Takten liegt jetzt unter 30 Takten in der Minute (für die Tanzsportler zwischen 25 bis 27 Takten pro Minute).



Der Grundschritt der Square Rumba:

1,2 RF vorwärts
3 LF seitwärts
4 RF schließen
1,2 LF rückwärts
3 RF seitwärts
4 LF schließen



Die Square-Rumba wird z.T. heute noch unterrichtet und hat als sogen. American-Rumba auch als Turniertanz in den USA überlebt, die kubanische Rumba wird dort als International-Rumba bezeichnet.

Der in London lebende Franzose Pierre Jean Philippe Zurcher Margolie (Künstlername: Pierre) und seine Partnerin Doris Lavelle widmeten sich auch intensiv der Thematik Rumba, nachdem sie den Tanz in Paris kennen gelernt hatten, wo ein kubanischer Bandleader namens Alcedes Castellanos eine neue Musik spielte und den neuen Tanz dazu unterrichtete: die Rumba. Der Tanz schien ihnen aber wenig Entwicklungsmöglichkeiten zu haben; so entwickelten sie ihren eigenen Rumbastil (Cuban Style, 1. Schritt seitwärts), gegenüber der Square Rumba um ein Taktviertel versetzt.

Eine Weiterentwicklung kam nach dem Krieg dazu, als Pierre und Doris Lavelle im Jahre 1947 nach Havanna reisten. Dort war der Son in den mittleren Bevölkerungsschichten und der Danzon in den höheren Klassen populär. Pierre arbeitete mit Pepe und Suzy Riviera zusammen. Ab 1948 unterrichtete Pierre diese neue Rumbavariante, die aber viele Jahre brauchte, um sich durchzusezten.

1951 folgte eine weitere Reise nach Kuba um im Unterricht bei bei Pepe Llorenz und seiner Frau Aida (= Name einer Rumbafigur) den Tanz auszubauen.



Der Grundschritt der Kubanischen Rumba:

4,1 RF seitwärts
2 LF vorwärts
3 RF am Platz belasten
4,1 LF seitwärts
2 RF rückwärts
3 LF am Platz belasten



Nachdem zunächst entschieden wurde, dass die Rumba auf zwei verschiedenen Grundschritten aufgebaut werden kann, beschlossen 1961 die Engländer für ihre Turnierpaare die kubanische Rumba. Im gleichen Jahr erschien die Erstausgabe von Walter Lairds Latein-Technik, die international akzeptiert wurde.

Dr. Richard Stoll, Universität Marburg, hat eine umfassende Geschichte der Rumba geschrieben und im Internet veröffentlicht. An dieser Stelle sei seine Schlussbetrachtung eingefügt:

„Betrachtung: Welche Schlüsse können wir nun für die eingangs gestellte Frage ziehen? Erstens dass Tanzen eine sehr relative Sache ist und dass es hierbei kein absolutes Richtig oder Falsch gibt solange man sich korrekt im Rhythmus und im Takt der Musik bewegt. Im Bereich des Gesellschaftstanzes auf Bällen oder Tanz-Tees ist es recht einerlei, welche Version der Rumba man bevorzugt. Wer Turniertanz betreiben will, sollte sich jedoch beizeiten auf die kubanische Version einstellen, da diese in Europa für Turniere vorgeschrieben ist.

Ob es didaktisch und methodisch sinnvoll ist, zuerst Square-Rumba zu unterrichten und dann ein Paar auf die kubanische Variante umzuerziehen wagt der Autor nicht zu beantworten. Sicher ist, dass die Square-Rumba leichter zu erlernen ist und Anfängerpaare weniger Probleme mit Takt und Rhythmus haben. Eine möglicherweise notwendige Umstellung auf die kubanische Technik fällt unseren Paaren jedoch hinterher unzweifelhaft schwer.

Der bittere Weg zur Vereinheitlichung im Turnierbereich hätte möglicherweise schneller beschritten werden können, wenn die von Pierre relativ früh veröffentlichte Technik eher eine breite Akzeptanz gefunden hätte. Frau Lavelle hat ihr Wissen erst sehr spät niedergelegt. Nichtsdestotrotz sollte man sich auch heute noch an die Tänzer erinnern, die durch ihr Engagement und ihre weltoffene Haltung unsere Tanzkultur mit so einem schönen und gefühlvollen Tanz bereichert haben.“



Recherchen und Text von Evelyne Scherer



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